Gute Nachrichten. Die Nachbarn meiner Eltern haben gerade in Rekordzeit ihr baugleiches Haus für ein hübsches Sümmchen verkauft. Da uns das ja auch demnächst bevorsteht, ist das natürlich ein ganz guter Stimmungs-Seismograph in Sachen „Was ist möglich?“ und „Wie schnell?“

Wöchentliches Einkaufs-Telefonat. Meine Mutter hat mir abseits des Bestell-Dialogs gerade davon berichtet.

Mama (in Papas Richtung): „Siehst Du, es geht also. Das KÖNNTEN wir auch. Genauso.“

Papa (bockig aus dem Hintergrund): „Ja, auf Wiedersehen, mach’s gut. Hau doch ab. Ich bleib hier.“

Mama (zu mir, ein Hauch Bitterkeit schwingt mit): „Er wiegelt ab. Papa will das nicht hören.“

Ja, im Abwiegeln ist Papa Meister. Manchmal vergisst Schrägstrich verdrängt er einfach, dass er vor einigen Wochen sein Okay und damit den Startschuss für das Umzugsprojekt gegeben hat. Nicht zuletzt deshalb halte ich das Ganze für ein Wettrennen gegen die Zeit, und wenn wir Pech haben, hat er tatsächlich alles vergessen, wenn es tatsächlich soweit ist.

Verglichen mit meiner Mutter ist mein Vater allerdings ein blutiger Anfänger in den Disziplinen Abwiegeln und Unterdenteppichkehren. Meine Mutter beherrscht Ablenkungsmanöver in Perfektion. Besonders gewieft scheint sie mir im Teilgebiet „Themenwechsel“ zu sein. Hier ein schönes Paradebeispiel.

Ich (im weiteren Verlauf desselben Telefonats): „Übrigens habe ich mir gestern eine der noch leerstehenden Wohnungen in unserem Gebäudekomplex angesehen. Die würde von den Begebenheiten her sehr gut passen.“

Mama (Achtung, erster Themenwechsel): „Hmmm. Wie ist denn Eure neue Wohnung? Fühlt Ihr Euch wohl?“

Ich (mir ist klar, dass sie nur ablenken will, aber ich werde den Faden schon nicht verlieren): „Sehr schön, wir haben uns richtig gut dort eingelebt.“

Mama (Themenwechsel Fortsetzung): „Habt Ihr eigentlich ein Gäste-WC?“

Ich (tief einatmend): „Nein. Das finden wir aber auch nicht so schlimm.“

Mama (ad hoc Oberwasser):

Aha! Das ist aber ganz wichtig. Man braucht unbedingt zwei Toiletten, gerade mit Kind. Zwei Toiletten sind das Nonplusultra.

Ich: „Wir hatten ja die Wahl zwischen einer Wohnung mit zwei Toiletten und schattigem Westbalkon und einer Wohnung mit nur einer Toilette, aber Südbalkon. Zwei Klos versus Sonne – Sonne war uns halt irgendwie wichtiger, Mama.“

Mama: „Nein! Getrennte Toiletten, das ist es, was zählt!“

Ich (Themenwechsel kann ich auch): „Okay, von mir aus. Aber kommen wir noch mal zurück zu EURER eventuell künftigen Wohnung. Ich habe bei der Besichtigung auch ein Video gemacht, das können wir uns beim nächsten Besuch ja mal in Ruhe angucken.“

Mama (as beiläufig as possible): „Jaja, gucken wir uns mal an.“

Ich (beinahe resignierend): „Sie ist sehr schön hell. Drei Zimmer. Eine kleine Terrasse mit ein bisschen Rasen, aber schön umwachsen. Und ganz in unserer Nähe, wir hätten sogar denselben Tiefgaragenzugang. Hört sich das nicht gut an?“

2016-07-24-fortbildung-themenwechsel
Tochter auf Foto-Mission. Mögliche, künftige Terrasse. Viele Konjunktive.

Mama (begrenzt euphorisch): „Jaja, ganz gut.“

Es muss doch etwas geben, womit ich sie begeistern kann?!

Ich (Blitzidee): „Zwei Toiletten, Mama. Bad und Gäste-WC getrennt, stell Dir vor!“

Mama: „Hurra.“

Ich: „Nicht gut?“

Mama: „Doch, doch. Sag mal, hast Du auch von der Prinzessinnen-Taufe in Schweden am letzten Wochenende gehört? Das ist ja ein süßes Puppele*.“

Eins muss ich zugeben: In Sachen Themenwechsel ist sie mir meilenweit voraus. Ich gehe dann mal den Nachhilfekurs buchen.


* Für alle, denen der Begriff „Puppele“ nicht geläufig ist: Meine Mutter ist der weltgrößte Romy-Schneider-Fan, weshalb ich alle Sissi-Filme sowie sämtliche weiteren Werke („Mädchen in Uniform“, „Wenn der weiße Flieder wieder blüht“, „Die Spaziergängerin von Sans-Souci“, „Swimming Pool“ und wie sie alle heißen, die meisten übrigens sehr empfehlenswert) auswendig mitsprechen kann. Jedenfalls war „Puppele“ von jeher der Kosename von Alain Delon für Romy Schneider, weshalb meine Mutter diesen Begriff für sich konserviert hat, um ihn in angemessener Dosis in ihren Alltags-Wortschatz einfließen zu lassen.

 

 

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In der Rush Hour des Lebens auf dem Standstreifen mit Warnblinker unterwegs: #carearbeit zwischen fast erwachsener Tochter (15) und pflegebedürftiger Mama (86) - mit Partner of Crime T und #happythehavi 🐶. Job: Redakteurin@echtemamas

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